Der neuerliche Vorfall zum Thema 'Der Schüler und der Vollrausch' machen eines sehr deutlich: Die aus der Gründungsphase tradierte Vorstellung eines `alkoholfreien Campus` war nur aufgrund der besonderen Umstände in der Ursuppe des LGH realisierbar. Damals war die Schülerschaft eine kleine, überschaubare Gruppe relativ junger Schüler, die eine enge Beziehung zu den Lehren suchte - und die, aufgrund negativer Erfahrungen im bisherigen schulischen Umfeld, von sich aus den Wunsch mitbrachte, Alkohol aus ihrem neuen Biotop des 'Lebens und Lernens' zu verbannen.
Diese Zeiten sind vorbei - waren es schon, als eben jene erste Generation trefflich eingelebt war, und sich nächtens zum Gaskessel stahl, um das ehemals verpönte Verhalten heimlich zu entdecken, zu zelebrieren, schließlich zu übertreiben und sich abschließend in meinen alten Golf zu übergeben. Zusätzlich zu der relativ normalen Entwicklung von süßen Schülerchen zu Kotzbrocken hat sich seit jenen sagenumwobenen Zeiten auch sozial viel verändert: Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist merklich kühler geworden, die Anonymität nimmt zu. Darüber hinaus tritt vermehrt der Habitus des `normalen` Jugendlichen auf - wir haben gefühlt weniger Nerds und mehr Teenager, die sich mit anderen Schülern an anderen Schulen vergleichen - und sich in Sachen 'Lebensfreude' benachteiligt fühlen: Keinen Sex, keinen Alkohol, keine Drogen - alles, was 'Spaß macht, ist verboten'! Nun gut, die Sache mit der körperlichen Liebe wird vielleicht ein wenig augenzwinkernd betrachtet, und Drogen würden die Existenz am LGH bei den Erfordernissen an Konzentration und Interaktion sicherlich stark erschweren - bleibt zum Stressabbau ja fast nur die Flasche. Jenseits des Flachs ist Realität, das die Glasglocke über dem LGH nicht mehr nur als beschützend und bewahrend empfunden wird, sondern auch isolierend wirkt. Zu Recht fragen sich so manche, wo sie denn bitte schön ihre Jugend ausleben sollen.
Alkohol gehört nicht nur zu unserer Gesellschaft - im richtigen Maße genossen ist er sogar ein überaus erfolgreicher gesellschaftlicher Stimulator. Seinen Genuß zu verteufeln, hieße Glaubwürdigkeit verlieren. Der Umgang damit (das erfahren einige LGHler gerade recht deutlich) will allerdings gelernt sein, so man nicht zum Gespött werden will - und das Image der Schule aufs Spiel setzten möchte. Jeder Krankenwagen auf dem Campus ist ein Kratzer im Lack - und setzen sich Gerüchte erst einmal fest, sind diese schwer aus dem Memepool der Gesellschaft (und damit aus Köpfen der Sponsoren, Stipendiums- und Studienplatzvergeber ) zu vertreiben .
Es stellt sich bei der derzeitigen Situation also zwangsläufig die Frage: Kann und soll eine Internatsschule den guten, gesellschaftlich anerkannten, Umgang mit Alkohol vermitteln? Können wir uns vorstellen, das Problem nicht nur reaktiv, sondern offensiv anzugehen, Erziehung zum Genuß zu betreiben? Sollte also etwa auf dem zur Campus Alkohol genossen werden dürfen, eventuell sogar im Schülerbistro? Diese Fragen beschäftigen zurzeit viele Köpfe. Eine nicht repräsentative Blitzumfrage in meiner WG endete - wie könnte es bei LGHlern anders sein - in einer kontroversen Diskussion mit folgendem Ergebnis: die Mehrheit der Mittelstufe will den Alkohol auf dem Campus nicht - zu groß sei die Verlockung für jüngere Schüler, zu schwer die Kontrolle und zu weit entfernt die Vorstellung von auf dem Campus Bier trinkender Schüler von den Idealen des LGH. Eine Minderheit argumentiert mit dem 'Recht der 16jährigen auf Alkohol' und erwartet von gelockerten Regeln eine bessere, weil weniger restriktive Gemeinschaft - inklusive gesteigerter Selbstkontrolle und Verantwortungsbewusstsein gegenüber Anderen.
Die Diskussion ist nötig und wird weiter getragen, in den Schülerrat, die GLK und die Schulkonferenz. Wie auch immer das Ergebnis am Ende aussehen mag, die nächsten Wochen werden auf jeden Fall richtungsweisend sein - und das LGH entwickelt sich weiter.
Diese Zeiten sind vorbei - waren es schon, als eben jene erste Generation trefflich eingelebt war, und sich nächtens zum Gaskessel stahl, um das ehemals verpönte Verhalten heimlich zu entdecken, zu zelebrieren, schließlich zu übertreiben und sich abschließend in meinen alten Golf zu übergeben. Zusätzlich zu der relativ normalen Entwicklung von süßen Schülerchen zu Kotzbrocken hat sich seit jenen sagenumwobenen Zeiten auch sozial viel verändert: Das Verhältnis zwischen Lehrern und Schülern ist merklich kühler geworden, die Anonymität nimmt zu. Darüber hinaus tritt vermehrt der Habitus des `normalen` Jugendlichen auf - wir haben gefühlt weniger Nerds und mehr Teenager, die sich mit anderen Schülern an anderen Schulen vergleichen - und sich in Sachen 'Lebensfreude' benachteiligt fühlen: Keinen Sex, keinen Alkohol, keine Drogen - alles, was 'Spaß macht, ist verboten'! Nun gut, die Sache mit der körperlichen Liebe wird vielleicht ein wenig augenzwinkernd betrachtet, und Drogen würden die Existenz am LGH bei den Erfordernissen an Konzentration und Interaktion sicherlich stark erschweren - bleibt zum Stressabbau ja fast nur die Flasche. Jenseits des Flachs ist Realität, das die Glasglocke über dem LGH nicht mehr nur als beschützend und bewahrend empfunden wird, sondern auch isolierend wirkt. Zu Recht fragen sich so manche, wo sie denn bitte schön ihre Jugend ausleben sollen.
Alkohol gehört nicht nur zu unserer Gesellschaft - im richtigen Maße genossen ist er sogar ein überaus erfolgreicher gesellschaftlicher Stimulator. Seinen Genuß zu verteufeln, hieße Glaubwürdigkeit verlieren. Der Umgang damit (das erfahren einige LGHler gerade recht deutlich) will allerdings gelernt sein, so man nicht zum Gespött werden will - und das Image der Schule aufs Spiel setzten möchte. Jeder Krankenwagen auf dem Campus ist ein Kratzer im Lack - und setzen sich Gerüchte erst einmal fest, sind diese schwer aus dem Memepool der Gesellschaft (und damit aus Köpfen der Sponsoren, Stipendiums- und Studienplatzvergeber ) zu vertreiben .
Es stellt sich bei der derzeitigen Situation also zwangsläufig die Frage: Kann und soll eine Internatsschule den guten, gesellschaftlich anerkannten, Umgang mit Alkohol vermitteln? Können wir uns vorstellen, das Problem nicht nur reaktiv, sondern offensiv anzugehen, Erziehung zum Genuß zu betreiben? Sollte also etwa auf dem zur Campus Alkohol genossen werden dürfen, eventuell sogar im Schülerbistro? Diese Fragen beschäftigen zurzeit viele Köpfe. Eine nicht repräsentative Blitzumfrage in meiner WG endete - wie könnte es bei LGHlern anders sein - in einer kontroversen Diskussion mit folgendem Ergebnis: die Mehrheit der Mittelstufe will den Alkohol auf dem Campus nicht - zu groß sei die Verlockung für jüngere Schüler, zu schwer die Kontrolle und zu weit entfernt die Vorstellung von auf dem Campus Bier trinkender Schüler von den Idealen des LGH. Eine Minderheit argumentiert mit dem 'Recht der 16jährigen auf Alkohol' und erwartet von gelockerten Regeln eine bessere, weil weniger restriktive Gemeinschaft - inklusive gesteigerter Selbstkontrolle und Verantwortungsbewusstsein gegenüber Anderen.
Die Diskussion ist nötig und wird weiter getragen, in den Schülerrat, die GLK und die Schulkonferenz. Wie auch immer das Ergebnis am Ende aussehen mag, die nächsten Wochen werden auf jeden Fall richtungsweisend sein - und das LGH entwickelt sich weiter.
4 comments:
Es fragt sich nur, in welche Richtung. Bleibt nur zu hoffen in eine gute...was auch immer gut in diesem Sinne bedeuten mag. Ich persönlich bin eigentlich auch eher gegen Alkohol auf dem Campus, denn wer sich besaufen will, macht das sowieso nicht auf dem Campus (meistens zumindest) und die jenigen, die im Moment eher gegen Alkohol sind - es aber trinken dürften - würden sich vielleicht dann von ihren Mitschülern unter Druck gesetzt fühlen. Damit wäre denen auch nicht geholfen. Außerdem wäre eben auch das Problem mit der Kontrolle recht groß. Und selbst, wenn es Alkohol nur auf Ü16 Feten geben würde...wirklich kontrollierbar wäre es nicht.
Die Jüngeren, die sich verleiten lassen würden bzw. sogar von älteren (und da gibt es genug "ältere, Verantwortungsbewusste", die das machen) Alkohol bekommen.
Insgesamt halte ich es für keine gute Idee, denn wer trinken will - ob zu Genusszwecken oder aus anderen Gründen - kann das in der Stadt machen.
Liebe Grüße,
Lieschen
Das ist doch auch ein Erziehungsziel: Verantwortungsvoller Umgang mit Alkohol. Bisher sind aber wahrscheinlich alle Schulen der Welt daran gescheitert.
Gibts nicht Erfahrungen von anderen Internaten?
I'm afraid there will be more than a slight resistance by the heads of the school. This looks to me like a shoe which is too big for the LGH. If the experiment goes wrong, who knows how long the clean-up of the name of the LGH will take.
Yes, you are right. No alcohol is no solution, if you want to have some. (I still don't ;-)) But in my opinion neither the good attempt of your idea nor the "good-willing" students will make up for those, who care so less for rules, the reputation of the school and, last but not least, their younger schoolmates.
If you try it, I hope very much it turns out as a very good and effektive method for the sensitisation of the students regarding the dealing with alcohol. As far as I know, the world is still searching for that one, and I would be the last one who wouldn't be happy if it works.
I'm looking forward to the outcome.
Ich bin froh, dass das Thema diskutiert wird, versteh mich nicht falsch, aber wäre es nicht schön, wenn, so ganz untypisch für das LGH, mal nicht nur begeistert diskutiert würde, sondern mal nach einer Lösung gesucht würde? Man lernt an dieser Schule zweifelsohne das diskutieren. Aber Probleme lösen tut man damit nur, wenn man es zielorientiert betreibt.
Daran krankt die Diskussion. Es gibt viele informelle und unrepräsentative Umfragen, Diskussionen in den unterschiedlichsten Gremien, unzählige Möglichkeiten, die bestehenden Regeln auszulegen und inzwischen immer mehr, die davon nichts mehr wissen wollen und ihre Probleme weiter fröhlich mit Destilaten lösen.
Wie so oft schweben wir in der lang ausgedehnten Zeit zwischen den Regeln, wo niemand was weiß und die Hälfte nichts wissen will. Und es geben noch weniger zu, dass das so ist, denn zu allem Überfluss sind wir auch noch alle intelligent. So ein Mist.
Also ist mein Resultat (wie immer) WENIGER Diskussion, MEHR Lösung. Wir sind eine Demodiktatur, die Schüler werden angehalten nachzudenken und sich in Gremien zu beteiligen, aber die Lehrer entscheiden. Ist ja auch in Ordnung. Aber dann entscheidet. Wenn möglich im Sinne der Allgemeinheit. Und bald, damit ich noch weiß, mit welchen Verfehlungen ich die Schule verlasse.
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