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22.11.09

My Manta

Manta birostris, sagenumwobener Namenspatron fuchsschwanzschwingender Prollschüssseln eines einstigen deutschen Traditionsautobauers, ist mit bis zu 7 Metern Spannweite einer der größten Knorpelfische unserer Meere. Bisweilen übel beleumundet, weil er sich manchmal an Ankerketten reibt, um sich von lästigen Hautparasiten zu befreien und dabei hilflose Fischerboote auf den offenen Ozean schleppen kann, ist er ansonsten doch völlig harmlos, wenn auch respekt einflößend. Mit offenem Maul schiebt er sich durch die dreidimensionale Planktonweiden der Meere und läßt sich höchst selten von einem einmal gefassten Kurs abbringen. Unglaublich, aber wahr: Mantas werden in der Luft geboren. Die Weibchen nutzen den plötzlichen Druckabfall bei hohen Sprüngen um ihre Jungen aus dem Eileiter zu schleudern.


Unvergessliche Begegnung der fischigen Art: Manta

Die Begegnung mit einem Manta gehört für eine Taucher neben der mit Walhai, Großem Weißen, Lederschildkröte, Riesenkalmar, etc. zu den non plus ultrae des Sports. Und auch wenn ich mich in den letzten Jahren etwas vom SCUBA-Rummel, der daran hängenden Tauch-Industrie, der immer wieder gleichen stories inzwischen mehrheitlich dickwanstigen 08/15 Konsumenten abgewendet hatte - im Stillen erhoffte ich mir von dem Surftrip auf die Malediven doch auch meine erste Begegnung mit dem legendären 'Teufelsrochen', wie der irreführende Trivialname dieses sanften Giganten im Deutschen lautet. Und ich wurde nicht enttäuscht - im Gegenteil, sämtliche Erwartungenwurden übertroffen.

Es geschah an einem Tag ohne Wellen. Um uns bei Laune zu halten, versprach uns der Kapitän, zum 'Manta Point' zu fahren, so dass wir dort schnorcheln könnten. Manta Point? Die Skepsis die dieser doch etwas plakative Namen bei mir hervorrief (schließlich bin ich auch schon in der Shark Alley, Hell's Kitchen und Mermaid Lagoon getaucht, jeweils ohne Haie, Teufel oder Meerfjungfrauen zu erblicken...) steigerte sich noch, als der Anker fiel: Nur eine knappe Seeemeile von unserem Surfspot 'Sultan's' gelegen, und einen Steinwurf vom nächsten Resort, daß zudem noch von einer wenig einladenden Steinbarriere umsäumt war, sah dieser Flecken Meer nicht gerade nach dem klasischen Bilderbuchmantarevier aus. Doch ich wollte niemandem den Spaß verderben, und ließ mich in Erinnerung an meine Dive Master Qualitäten vom Dingi hintenüber ins Wasser fallen. Das Riff war weit unter mir, das Wasser nicht sehr klar. Nur wenige Fische waren tief unten zu erblicken, die Korallenlandschaft eher enttäuschend.
Plötzich ein Ruf von der Seite. Der lange Pit hatte eine Unterwasserlampe ausgemacht, die in etwa 8 Meter Tiefe auf einen glücklichen Finder wartete. 'Kommst Du da runter?' Ach, Kinderspiel, dachte ich, klappte den Oberkörper ab und verschwand mit kräftigeren Beinschlägen als nötig oder weise gewesen wäre in die Tiefe. Doch kaum hatte ich meine Hand an die Lampe gelegt, die, nebenbei bemerkt, ein echtes Profiteil darstellte, und ein entsprechend gehöriges Gewicht auf die Waage brachte, erstarrte ich. Direkt auf mich zuhaltend, löste sich ein riesiger Schatten aus dem diesigen Blau. Das viereckige Maul, der elegante Schwung der gewaltigen Flossenflügel, die träge fächelnden 'Hörner', der lang nach hinten gestreckte, peitschenartige Schwanz - es war wie aus einem feuchten Tauchertraum. Doch meine Lungen brannten, zu schnell war ich nach unten gegangen, schon fehlte mir der Sauerstoff, der für eine ruhige Annäherung nötig gewesen wäre. Gerade noch konnte ich die Kamera ausrichten, und den Auslöser drücken da schlug schon der Überlebensreflex zu und ich peitschte mit mächtigen Flossenschläge an die Wasseroberfläche.
"Manta, Manta!" rief ich meinen Kameraden zu, nach Luft ringend. "Manta!" sagte ich, immer noch atemlos, zum Kapitän, als ich vor Freude strahlend, eine halbe Stunde später wieder ins Dingi kletterte. "A big one. And two babies!"
Der schien nicht malsonderlich überrascht. "I say so, this Manta Point. You no believe." Dann zwinkerte er mir zu und grinste breit.

Die beiden kleinen Mantas folgten ihrer Mama im Abstand von etwa 30 Metern.

Zwei Tage später. Die Wellen waren wieder da, ich dümpelte beim early morning surf zwischen zwei Sets im Line-Up und ließ die Beine ins Wasser baumeln, etwas weiter drauße saß der King of Style, MC Drescher. "Dolphin!" rief der mir plötzlich zu. Und lächelte. Kaum fünf Meter vor mir kräuselte sich das Wasser, ich paddelte euphorisch darauf zu - und plötzlich stockte mir das Blut in den Adern. Was da auf einmal dreieckig aus dem Wasser ragte, war niemals eine Delphinfinne. Viel zu scharf geschnitten, viel zu groß, und einfach viel zu - fischig. Wenn das ein Hai ist, schoss es mir durch den Kopf, muss er verdammt riesig sein. Im nächsten Moment kam aber mit der Erkenntnis auch die Erleichterung: Es war wieder ein Manta, der beim morgendlichen Sonnenbaden eine Flügelspitze aus dem Wasser hob. Mit klopfendem Herzen steckte ich meinen Kopf ins Wasser, riß die Augen auf, und vergewisserte mich meiner Vermutung. "Manta!" durfte ich also abermals jubeln.

Die letzte Begegnung war die vielleicht schönste und doch zugleich die unwirklichste. Wieder saß ich wartend im Line-up, es war spät nachmittags, die Sonne war schon auf dem Weg nach Afrika. Meine Augen brannten vor Salz, ich blinzelte ins Licht, um die Wellen zu erspähen, die vom Horizont angerollt kamen. Da, plötzlich, erst nur aus dem Augenwinkel, bevor ich mich mit vor Staunem offenen Mund umdrehen konnte, sah ich ihn springen. Ein Fisch, groß und breit wie eine Tischplattte, hob sich scheinbar mühelos aus dem Wasser, der gesamte massige Körper schwang sich mit ausgebreiteten Schwingen in die träge Nahcmittagsschwüle, als wolle er gleich davon fliegen. Dann, ein Peitschen des dünnen Schanzes, bevor der Fisch sich in der Luft drehte, mit unwirklich leisem Plätschern ins Wasser eintauchte - und verschwunden war.
Sprachlos blickte ich mich um, von meinen Kollegen hatte niemand diesen Moment bezeugt.

Ich aber war dabei gewesen, und habe ihn durch die Sonenstrahlen springen sehen - Manta birostris, den Teufelsrochen.

1 comment:

Anonymous said...

Wow... vor allem die Videos sind interessant ;)
Liebe Grüße vom Campus