Mit erfolgreichem Abschluss einer Produktion wird im Nachhinein so mancher vorausgegangener Kummer irrelevant. So auch es letztlich auch bei unserem Musical. Die angespannte Stimmung in den letzten Wochen vor der Aufführung, die Abwanderung so manches Schauspielers oder Chormitglieds, sowie die ein oder andere gehässige Botschaft per Ansagetafel oder Flüsterpost konnten letzten Endes nicht verhindern, dass alle Beteiligten auf den Punkt genau ihre beste Leistung abriefen. Unsere „Leichenbraut“ wurde damit zu einem rauschenden Musical-Erlebnis, und ich bin auf alle Beteiligten, die durchgehalten haben, und schließlich auf, hinter, oder über der Bühne brillierten, unendlich stolz.
Alles selbst geschrieben... Die 'Leichenbraut' ist ein echtes LGH-Produkt.
Das Potential eines LGHlers ist unbestreitbar, da durch IQ-Test nachgewiesen. Schulnoten stehen aber nicht unbedingt in direkter Relation zu diesem Wert, wie man als Lehrer immer wieder feststellen kann. Eine Möglichkeit, die besondere Leistungsfähigkeit unserer Schüler zu erfahren, besteht jedoch in Angeboten, welche diejenigen Interessen und Fähigkeiten herausfordern, für deren Entfaltung im vom ‚Stoff’ geprägten Unterricht oft nur wenig Platz bleibt. Ein derartiges Angebot stellte unsere diesjährige Musicalproduktion dar.
Im Hintergrund Tangomusik. Das Licht wird gedimmt, in seinem Spot sitz Made und hämmert auf der Schreibmaschine…sie nimmt das Blatt, prüft es kritisch und zerknüllt es dann. „Nochmal!“Diese Regieanweisung aus der ersten Szene der „Leichenbraut“ ist für unsere Produktion in mehrfacher Hinsicht bedeutsam – denn die Geschichte, an der Made schreibt, und das aufgeführte Schauspiel sind ihrerseits Produkte einer eher unorthodoxen Genese. Und der Akt des Schreibens, Durchstreichens, Verbesserns ein uns inzwischen sehr vertrauter - So wurde den Teilnehmern des Musical Additums statt eines fertigen Textes vielmehr der kreative Ausgestaltungsprozess der Szenen und Dialoge selbst in die Hand gegeben. Auf dem Plot von Tim Burtons animierten Meisterwerk „Corpse Bride“ basierend, entwickelten die Schüler ihre eigenen Charaktere, mit Macken, Ecken und Kanten – und ließen diese in improvisierten Szenenabläufen fast willkürlich aufeinander prallen. Nach und nach verdichteten sich die Handlungsabläufe, markante Dialogfetzen blieben bestehen, und schließlich wurde das Ergebnis schriftlich fixiert. Wobei dieser Prozesses streng genommen nie endete, denn der Text blieb bis zur Premiere im Fluss und wurde immer wieder ergänzt, gekürzt und abgeändert. So existieren jetzt drei verschiedene Fassungen ‚vorläufiger Scripte’ - aber keine Endfassung.
So mancher Teilnehmer wuchs bei den Aufführungen über sich hinaus.
Hier greift ein Hauptdarsteller nach den Sternen. Ausgehend von Überlegungen, welche Szenen sich besonders für eine musikalische Bearbeitung eignen würden, beauftragte das Produktionsteam nun unseren Musiklehrer Sebastian Hahn mit der Komposition. Der wiederum brachte das Kunststück fertig, diese Vorstellungen mit den raffinierten Liedtexten eines Textproduktionsteams unter Führung des Schülers David Radtke zu vereinen – und ein musikalisch vielseitiges Werk für Solisten, Chor und Big Band zu schaffen. Eine weitere Schülergruppe, angeführt von Ilka Englert und Juliane Goetzke, entwickelte seit Beginn der Proben ein Gesamtkonzept zur dramatischen Umsetzung des Wechsels zwischen Ober- und Unterwelt - mit Hilfe von Licht, Sound und Bühnenelementen- und arbeitete höchst engagiert und konzentriert an der Umsetzung.
Der Weg von der Idee zur Realisation war also bei Weitem kein geradliniger, und so mancher, vom Hausmeister bis zum Statist, dürfte sich die Haare gerauft haben bei der erneuten Umstellung ‚seiner’ Szene, der Neudistribution von Textzeilen oder wenn ein bereits fertig geglaubtes Bühnenelement nun doch in einer ganz anderen Farbe angestrichen werden musste.
Unsere ‚Leichenbraut’ ist also ein aus der permanenten gemeinsamen Improvisation entstandenes Gesamtkunstwerk, zu dem alle Beteiligten ihr Bestes gegeben haben, manchmal bist zur Belastungsgrenze. Auch wenn die Made alleine im Spot sitzt – die Geschichte, die sie erzählt, kommt aus uns allen.
Und dass es dem Publikum gefallen hat, daran war nicht zu zweifeln.
Auf den Brettern, die die Welt bedeuten.
Letzte Vorbereitungen bevor die Türen sich fürs Premiernenpublikum öffnen...