9.12.10
'Roadmovie' auf Jugendbuchtipps.de
17.10.10
Nachlese - Frankfurt
13.10.10
Rezension zu 'Roadmovie Kapstadt' in der Neuen Presse Coburg
9.10.10
Travel Pussies und der Literaturnobelpreis 2010
Doch wie sagte, seit kurzem auch nobelpreiswürdig, Mario Vargas Llosa: 'Das Leben ist ein Sturm von Scheiße, und die Kunst unser einziger Regenschirm'. Bleiben wir beim Sujet und machen bei einen kurzen Besuch in einem Autbahnraststättenabbort die Probe aufs Exempel.
In diesem Zusammenhang sollte ich erwähnen, daß Kondomautomaten in meinem Leben eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben. Seit mir in der sechsten Klasse die Mutprobe auferlegt wurde, in der Restauranttoilette des örtlichen Karstadt zu warten, bis mindestens drei Zeugen zugegen wären, und dann eine Packung Präser zu ziehen, scanne ich die Angebote in öffentlichen Klos reflexartig. Dabei sind mir in der nun über zwanzigjährigen Studie zumindest zwei erwähnenswerte Trends aufgefallen:
Erstens sind die Kondomverpackungen höchst akkurate Anzeiger des Zeitgeistes. Waren früher dezente Verpackungen in hellblau oder rosarot angesagt, die ihren Inhalt nur im Kleingedruckten offenbarten, vögelten sich in meiner Jugend die Pärchen blondgelockt und weichgezeichnet durch Weizenfeldlandschaften. Eine Revolution waren dann Anfang der Neunziger die Billie Boys, die 'frechen anderen' Kondome, welche mit ihren lustigen Farben die Botschaft vermittelten, dieses ganze Sex-Ding wäre im Prinzip so einfach und unschuldig wie Smarties essen - im Rückblick eine bodenlose Frechheit. Heutzutage müssen die Verhüterlis offenbar wieder etwas verruchter daher kommen, um ihre Käufer anzusprechen, im Moment machen auf den Autobahnraststätten vor allem diejenige Kondome das Rennen, die die Grenzen zur pornografischen Darstellung sowie der Plausibilität der Körpermaße immer mehr überschreiten. Bei dem Overflow an Sex, Erotik und Fantasyliteratur auf allen medialen Kanälen irgendwie auch verständlich.
Auch nicht aufregender als eine Thermosflasche voller Hackfleisch. (Foto: Wikipedia)
Zweitens scheint die Kondomindustrie ihre besten Zeiten deutlich hinter sich gelassen zu haben. Wuchsen die Kondomautomaten spätestens nach dem AIDS-Schock der achtziger Jahre immer mehr in die Breite, und überforderten den scheuen Toilettenbesucher mit der Qual der Wahl zwischen Bananen- oder Lakritzgeschmack mit/und/oder ohne Krokodilnoppen, so ist aktuell ein dramatischer Rückgang der Gummidiversität zu beklagen. Die News from Nowhere Schnellstudie ergab: von durchschnittlich acht bis zehn Kondomautomatenschächten sind gerade mal zwei (!) noch mit Kondomen belegt. Daneben findet sich diverses Sexspielzeug, Gleitgels, Minivibratoren und essbare Unterwäsche aus Zuckerperlen, sowie Zahnbürsten, wobei die beiden letztgenannten Produkte ja zumindest irgendwie kausal zusammen hängen. Auf der Überholspur ganz weit vorne liegt allerdings ein Produkt namens Travel Pussy, das stets mit mindestens zwei Schächten vertreten war. Was wiederum den traurigen Schluß nahe legt, dass in Deutschland mehr gewichst als gevögelt wird - nun gut, hatten wir da wirklich etwas anderes erwartet?
Was bleibt nun als Erkenntnis? Kunst, verstanden als die Freiheit, die Wunder und Rätsel des täglich-alltäglichen Lebens per kreativer Inputprozessierung in Geschichten zu verwandeln, erklärt uns die Welt. Die Wahrheit mag dabei unter Umständen auf der Strecke bleiben, doch wen kümmert das schon - solange man der Versuchung wiedersteht, eine Religion zu gründen oder sonstwie Deutungshoheit beansprucht. Im erfrischenden Gegensatz zum naturwissenschaftlichen Erkenntnisgewinnungsprozess muss man auch nicht ewig klare Flüssigkeiten ineinander schütten oder Computerdaten auswerten, um die euphorisiernede Wirkung des Heureka Gefühls zu kosten.
2.10.10
B21 - Keine neuen Backshops bevor die alten nicht verbraucht sind!
Wo sind die Demostrationen gegen das Aussterben der freien Parkplätze? Wann kettet sich endlich der Erste an die immer rarer werdenden öffentlichen Mülleimer? Wo wird die Mahnwache vor der Postfiliale abgehalten? Und wer - Wer? - gebietet eigentlich der Backshopmafia mit ihrerm leuchtfassaden-verschandelndem Raumhunger endlich und ein für allemal Einhalt?
Meine neue Heimat Heslach ist ein ruhiger Fleck gar nicht weit weg vom pulsierenden Herzen der schwäbischen Revolutionsmetropole. Selten riecht man hier Tränengas, trotzdem hat es so viel Berliner Flair, wie man es in Benztown nur bekommen kann. Ein fast bunter Mix aus Jungantifaschisten, Ex-Jugslawen und Schwaben hat es sich zwischen dämmungsbedürftigen Altbauten und Stäffeleanwesen gemütlich gemacht. Man kennt sich, trifft sich beim Metzger um die Ecke, der für seine Maultaschen den Friedensnobelpreis vedient hätte, und schlotzt zwischen zwei Demos gemütlich ein Viertele auf dem Bihlplatz. Doch selbst hier im romantischen Süden greift eine unheilvolle Verschwörung raffgieriger Nahrungsmittelindustrieller und Kettenhändler unbarmherzig nach der Seele eben jener Gemütlichkeit: Heslach verfällt dem Back-Wahn.
Auf meinem morgendlichen Weg zur U-Bahn komme ich an den Auswüchse dieser völlig unterschätzten Gefahr vorbei - auf dreihundert Wegmetern finden sich drei Kettenbäckereien, und direkt an der Haltesstelle verkünden baustaubgraue Reklamen die Freude auf ein viertes Etablissement dieser Art. War ich zunächst noch voll blinder Begeisterung ob der Möglichkeiten (oh, die Qual der Qahl zwischen Bio-Vollkorn-Schokocroisssant, käseverklebter halbwarmer Pizzazunge, oder Quarkkräuter-putenbrustdreiecksbrötchen...) so dämmert dem in unzählig belauschten U-Bahngesprächen sozialpolitisch geschärftem Verständnis doch nun, dass hier eine besorgniserregnde Entwicklung im Gang ist.
Wo einstmals Platz für Cafés und Weinstuben war, wo Kleinläden und Kneipen zum Stöbern und Verweilen einluden, man sich auf lauschigen Hinterhöfen traf und Bänkelsitzend den Enkeln beim Spielen mit Kreisel und Holzauto zuschauen konnte, benebeln nun die in rasenden Kopfschmerz resultierenden Backstubengebläsegerüche die Sinne, taumelt man wirr von einem Schnäppchenbrot zum nächsten Supersonderangebot, entscheidet sich für das falsche Pappwasserbrötchen, verkauft sich bei den zuckergussklebrigen Rosinenschnecken, und stolpert schließlich konsumorientierungsgestraft doch wieder mit einer Tüte voll bindungsmittelgestrecktem Gluten nach draussen, von deren Inhalt man jetzt schon weiß, dass er morgen nach nichts mehr schmeckt. Doch der Erfolg gibt dem Geschäftsmodell offenbar Recht: der Laie staunt, und man selber wundert sich, dass der Schwabe sich so viele Laugenstangen, Hefezöpfe und Butterbrezel in den Schlund stopfen kann, ohne an den brav gesparten Cent zu ersticken. Denn es muss sich ja schon ordentlich für die Discountbäcker lohnen, wenn sie alle paar Meter ein neues Backparadies einzuweihen im Stande sind.
Nun aber, in der Bahnhofsdämmerung von Stuttgart scheint die Zeit reif für eine Grasswurzelrevolution an der Backwahnfront. Die politisch inzwischen hoch sensibilisierte Bürgerschaft muss ja nur noch mit den entsprehenden Aktionen auf die Mißstände hingewiesen werden. Wir machen große politische Kehrwoche! Und räumen auf mit dem Lügenpack, dass uns Genuß verspricht und doch nur leere Kalorien liefert! Sitzblockaden vor sich automatisch ad absurdum öffnenden und schließenden Glasschiebtüren könnten ein erster Anfang sein. Dazu noch schnell ein paar markige Sprechchöre, vielleicht 'In der Not - schmeckt die Wurst auch ohne Brot!' oder vielleicht auch 'Wir haben Hunger, und was habt ihr?!'.
Spätestens bei Graffiti à la 'Kauft nicht bei Arschlöchern!' oder 'Spar dein Geld - Backs dir selbst!' wird dann sicherlich auch das politische Feuilleton anbeißen. Und wenn dann das erste unschuldige Schweinsöhrchen geworfen ist, gibt es kein Halten mehr. Schwarzer Block, Antifa, die Junge Linke - ich sehe sie schon durch die Innestädte ziehen, in jeder Hand ein brennende Tüte Aurora Weizenmehl Type 405.
Bis dahin: Küßt die Frischbäcker, wo ihr sie trefft. Man sieht sich bei der Montagsdemo.
25.9.10
Die Trompeten von Heslach
26.7.10
Sommerpause
sollte man besser nicht ins Wasser gehen...
Ein Jahr Sabbat ist verflogen - und ich habe jetzt noch 7 Wochen Ferien, um mich davon zu erholen. Frische Posts zu allen möglichen Themen rund um 'Travel and Leisure' gibts dann ab September wieder. Bis dahin sage ich 'Danke' an alle treuen Leser!
Einen guten Sommer wünscht Euch
Ulf
22.7.10
'Surfen macht mich glücklich'. Ein Interview mit Peter Prochaska (II)
NfN: Peti, Du lebst und arbeitest in Südafrika, einem der angeblichen gefährlichsten Länder der Welt. Wie gehst du mit dem Alltag hier um, wie erlebst Du Kapstadt?
PP: Also mir gefällt es hier sehr – ich glaube, ich blick noch nicht so ganz durch (lacht). Auf mich wirkt es auf jeden Fall so, als wären viele Leute sehr, sehr arm, aber trotzdem irgendwie glücklich - als versuchten die meisten, das Beste aus dem Tag zu machen. Und sie sind freundlich auch gegenüber Leuten, die so offensichtlich mehr haben als sie selber. Wenn man hier einen Straßenverkäufer anlächelt, aber nichts kauft, dann lächelt der zurück und wünscht einem eine schönen Tag. Von der Landschaft, vom Meer her, ist Kapstadt, und Südafrika allgemein, natürlich etwas ganz Wunderbares.
NfN: War es eigentlich Zufall, dass du bei enDo Südafrika gelandet bist?
PP: Also die Massenabfertigung in Surfcamps wie ich sie z. B. in Frankreich erlebt habe, gefiel mir nicht. Ich finde, da wird Surfen anders verkauft, als es eigentlich ist. Mal ein Brett auszuleihen, und sonst Party machen... ich glaube das Surfen ist mehr, und enDo versucht, das auch zu vermitteln. Gerrit Handl (der 'Kopf' hinter enDo Südafrika, Anm. d. R.), war ja schon von Anfang an mein Mentor. Als ich dann vor zwei Jahren das erste Mal hier unten in Kapstadt war, hat es mich so begeistert, auch ohne Gerrit, auch ohne Surfcamp, dass ich gerne wieder gekommen bin.
NfN: Du sprichst davon 'wie das Surfen eigentlich ist'. Kannst Du etwas über das Wellenreiten sagen, ohne lächerlich zu klingen?
PP: Hmmm, schwierig (lacht). Ich habe noch keinen Weg gefunden, einem Nichtsurfer etwas über das Surfen zu erklären, ohne das man sich dabei blöd, arrogant, oder verträumt vorkommt. Meine Freunde verstehen noch von meinen Snowboardzeiten her, dass das was ich gerne mache, exzessiv betreibe. Für mich bedeutet dass, das ich etwas solange mache, bis ich genug davon kriege, und wenn es das Richtige für mich ist, kriege ich nie genug davon (lacht). Der Bankjob war es auf jeden Fall nicht (lacht).
Beim Snowboarden stand ich vom ersten bis zum letzten Tag der Saison auf der Piste – aber wenn ich mich zwischen Surfen und Snowboarden entscheiden müsste, würde ich ohne zu zögern das Surfen wählen. Und so habe ich das auch meinen Freunden erklärt, und die haben verstanden, okay, er muss etwas gefunden haben, das muss etwas sein.
Welle wartet auf Surfer. Hier am Scarborough Beach, Kaphalbinsel.
'Normalen' Menschen das zu erklären,finde ich sehr schwierig, weil man sich ja auch nicht den Anschein geben will, einen Funsport zu etwas zu erheben, das über Allem steht. Letzten Endes ist es aber genau so: Wenn man surfen geht, lässt man alles andere komplett hinter sich. Man setzt sich mit den Elementen auseinander, und in dem Moment, wo man auf der Welle ist, bleibt irgendwie die Zeit stehen, und alles andere wird unwichtig. Und diesen Moment liebe ich.
Meine Mutter, die so überhaupt nichts mit dem Surfen am Hut hat, hat mir einmal an den Kopf geworfen: 'Seit du surfst, bist du ausgeglichener und glücklicher.' Das hat mich schon sehr überrascht, weil sie einerseits Dinge in der Richtung nur sehr selten sagt, und weil ich mich andererseits mit meinen Eltern noch nie wirklich über das 'Warum' des Surfens unterhalten habe. Ich weiß ja auch nicht ob das jetzt so stimmt oder nicht, aber ich denke, wenn eine Mutter das zu ihrem Sohn sagt, dann wird da schon was dran sein.
NfN: Was ist denn dein Lieblingssurfspot?
PP: Ich sag jetzt mal: Die Kapregion (lacht).
NfN: Das müssen hunderte Spots sein...
PP: Ja, also, im Ernst. Lieblingsspot... ich will mich nicht unbedingt festlegen, aber was ich schon gerne mag sind die West Coast Spots, und diese Ecke in der Nähe des enDo Camps besonders - Big Bay surfe ich immer gerne immer wieder.
NfN: Peti, danke für das Gespräch. Und alles Gute!
PP: Gern geschehen.
21.7.10
Surf now, work later. Ein Interview mit Peter Prochaska (I)
15.7.10
Surfin' RSA: Albtraum Jeffreys Bay
die ja auch irgendwo ihre Sticker loswerden müssen.
Kaum ist die WM verklungen, und die letzten Vuvuzelas werden von den Rängen der nun leer stehenden Stadien gefegt, da findet in Südafrika erneut ein Sportevent von globalem Interesse statt. Ab dem 15. Juli beginnt der 'Billabong Pro' bei Supertubes in J'Bay, eine Station auf dem Zirkus des professionellen Surfens. Auch wenn die Zuschauerzahlen sicher nicht mit denen des Fußballs zu vergleichen sind, hat das weltweit gestiegene Interesse am Wellenreiten in nur zehn Jahre dazu geführt, dass man J'Bay heute nicht wiedererkennt.
Supertubes, das ist für viele Surfer das Mekka ihrer Zunft. Das Bild der perfekt hintereinander brechenden, ewig laufenden barrels mit den surfenden Delphinen darin ist im kollektiven Memplex der Szene fest verankert. Doch wer sich von diesem Anblick abwendet, und auf das Städtchen dahinter schaut, prallt zurück - Jeffreys Bay ist die am schnellsten wachsende Kommune Südafrikas, und wo vor gar nicht langer Zeit lediglich Aloen aus den Dünen wuchsen, wo es zwei Backpackers und einen kleinen Supermarkt gab, steht jetzt ein ausnehmend häßlicher, schmalfenstriger Ziegelsteinbau neben dem anderen. Ferienwohnungen, Surflodges, Outlets drängen sich entlang der Straße. Und leider ist bei all dem vom 'Surf-Spirit' wenig zu spüren. Es geht um die Kohle, um den Profit, um den Hype der Superstars.
Sicherlich ist es höchst interessant, den 'Billabong Pro' vor Ort zu verfolgen. Und natürlich lockt die perfekte Welle, auch wenn es inzwischen schier unmöglich ist, zwischen den vielen Mitstreitern eine davon zu erwischen. Doch ansonsten kann man inzwischen um J'Bay getrost einen Bogen machen. Nur wenige Kilometer die Küste entlang findet man es dann wieder, das Südafrika, wo man die Weite spürt, die Schönheit, die Wildheit des Kontinents. Und wo Aloen in den Dünen stehen und die Welle fast perfekt bricht.
Und hier gibt es noch ein Schmankerl:
Jordy Smith wins Billabong Pro 2010
13.7.10
Aus und Vorbei: Ein Resümee zur WM Tour 2010
Was für ein Monat! Jede zweite Nacht eine andere Matratze, genau 6952 gefahrene Kilometer, an die 250 signierte Bücher und über 600 Zuhörer für 'Roadmovie Kapstadt'. Wiedersehen mit Freunden noch aus Studientagen, freudiges Entdecken neuer Seiten an Ex-Schülern, neue Kontakte zu Südafrika-Afficionados landauf, landab - und jedes Spiel der deutschen Mannschaft in einer anderen Stadt.
Das erste Tor der WM, natürlich für Mzansi, bejubelt am Hauptbahnhof in Berlin... der deutsche Auftaktsieg, gesehen mit meinem Vater bei Public Viewing in Trier... die erste Niederlage, erlitten in einer Studenten-WG in Freiburg... das entscheidende Spiel gegen Ghana (I feel so sorry for you, Black Stars!) zwischen den Helmen der freiwilligen Feuerwehr Heimbach... die Vernichtungsschlacht gegen England, bezeugt im Bavaria Biergarten München... Maradonnas Tränen per Beamer auf einer Hochzeitsfeier im Rheingau... schmerzlicher Abschied von Titelträumen im Garten eines Stuttgarter Mehrfamilienhauses... und versöhnliches Ende auf dem Walther-Platz im Südtiroler Bozen. Und dann - dann kommt er kurz über den Platz gefahren, Madiba Nelson Mandela. Lasst ihn doch in Frieden, den alten Mann, hätte ich vorher gesagt - doch dann strahlt er, mit der Leuchtkraft eines Übermenschlichen, und mir läuft es in Schauern den Rücken herunter. Dass er das noch erleben darf, diesen bislang größten Triumph Südafrikas über Apartheid, inneres Chaos und westliche Skepsis. Manchmal wird eben doch am Ende alles gut.
Ein großes Dankeschön möchte ich an alle diejenigen loswerden, die mir diese grandiose WM-Tour ermöglicht haben. Eure Gastfreundschaft, Netzwerke und die vielen guten Gespräche machen den Sommer 2010 für mich unvergesslich.
'Roadmovie Kapstadt' und FoCWET Merchandise Artikel.
1.7.10
Go against the flow: Der Eisbach ruft
(Photo: Moritz Wollenberg)
Ich treffe den enDo Teamer und Eisbach Local Moritz Wollenberg alias Mundaka Mo unten an der Welle. Das letzte Mal haben wir uns vor fast neun Monaten im Surfcamp in Tamraght, Marokko gesehen, doch schnell stelle ich fest, dass Mo auch hier nur für eines brennt: Surfen! Von nahem betrachtet ist der Eisbach ein reißender kleiner Fluß, und etwas verunsichert bestaune ich Mo und die anderen Cracks, die mit Anlauf vom Ufer abspringen und scheinbar mühelos ihre Drehungen und Sprünge auf die stehenden Welle zaubern. Dann soll ich es schließlich selber wagen: Mit vor Aufregung zitternden Knien steige ich in meine Boardshorts, schnappe mir Mos Brett und reihe mich in die Schlange der Wartenden ein. Kaum kann ich mich auf die letzten Ratschläge konzentrieren - je näher mein Einsatz rückt, umso unwahrscheinlicher kommt mir vor, auf diesem brodelnden Chaos aus Wasserschaum auf einem Brett balancieren, geschweige denn selbiges noch kontrollieren zu könnnen. Immer abwechselnd von jeder Uferseite steigt man ein, manche Surfer halten sich ein paar Sekunden, andere scheinen ewig ihre Turns zu fahren. Doch schnell wird die Schlange immer kürzer, noch drei , zwei, eins Surfer sind vor mir dran. Auch mein Vorgänger verliert irgendwann das Gleichgewicht, sein Board knallt mit dem häßlichen Geräusch brechenden Epoxyharzes zwanzig Zentimeter neben meinen Füßen gegen die steinerne Einfassung, sein Körper schlägt lang ins Wasser.
"Wenn Du fällst, oben bleiben, egal wie," sagt mir Mo noch, und dann hält er mir das Brett, ich sitze auf der Ufereinfassung, stelle meine Füße darauf, tausend Gedanken rasen mir durch den Kopf, die Angst vor den Steinen, die Furcht zu versagen, mich zum Gespött zu machen vor den Surfern und anderen Zuschauern, es ist ein einziger neuronaler Sturm der emotionalen und physischen Anspannung, ich kann den Blick auf das unglaublich schnell strömende, brausende Wasser kaum ertragen, schwindelig wird mir, doch den Blick zu lösen gelingt mir auch nicht, ich spüre, wie das Wasser kalt um die Knöchel gurgelt, jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, ich muss nach vorne belasten, um nicht mitgerissen zu werden - warte nicht zu lange, sonst traust du dich nicht mehr, schalte die Gedanken ab, jetzt musst du loslassen! Ich hole tief Luft, stelle mich auf das Brett, und stoße mich mit beiden Händen von der Einfassung. Und dann... ist alles Stille.
Natürlich ist das Eisbach-Surfen mit dem auf Meereswellen nicht zu vergleichen. Es kommt nicht zu der unglaublichen Beschleunigung im Moment des Take-Off, wenn die Welle gnädig genug ist, einen mitzureißen. Doch der Stoke, der aus dem Erleben des Jetzt resultiert, der Flow, wie ihn vielleicht noch Free Climber oder Apnoe-Taucher kennen und suchen, ist hier absolut vorhanden. Kaum bin ich auf dem Wasser, verliert alles andere an Bedeutung. Es geht nur um den Moment, um das Jetzt, das Hier, das Brett, das Wasser, die Bewegung. Vergessen sind glotzende Touristen und hämische Profis, Angst und Peinlichkeit. Das Universum öffnet sich - und hört im selben Moment auf, zu existieren. Der Kopf ist frei. Der Moment unendlich.
News from Nowhere dieses Eisbach-Video zur Verfügung.
Maximum Respect, brother!
Es dauert in Echtzeit natürlich keine drei Sekunden, bis ich das Gleichgewicht verliere und ins Wasser klatsche. Eisbach - das muss man wörtlich nehmen, und auch den Rat, möglichst viel Wasser zwischen sich und das Flußbett zu bringen. Ich schramme mit dem Gesäß an einem der vielbesungenen Steine vorbei, strample, tauche endlich auf, und bin doch sehr lange damit beschäftigt, mich aus dem strömenden Fluß zu kämpfen. Meine Schulter habe ich mir bei dem Sturz auch verzogen, die Unterarme sind vom Festhalten an den scharfkantigen Ufersteine rot geschwollen. Doch innerlich jubeliert es in mir, meine Synapsen werden mit Endorphinen schier überschwemmt. Breit grinsend trabe ich zurück zur Einstiegsstelle - und will dasselbe, bitte, nochmal, nochmal. Mo grinst zurück. Er weiß, was gerade bei mir im Kopf abgeht.
Man mag über die Verrückten den Kopf schütteln, die in Neo und mit dem Board unter dem Arm durch München radeln. Aber wer es mal selbst probiert hat, muss zugestehen: der Stoke ist da... und meine nächste Tour führt auf jeden Fall wieder hier vorbei. Dann aber mit eigenem Brett. Das wartet bereits in einem Münchner Keller auf den nächsten Einsatz.
24.6.10
What goes around...
23.6.10
Fakten Fakten Fakten: Kurzkommentar zur WM Berichterstattung
Auf meiner Lesereise durch Deutschland habe ich viel Zeit für Radio und TV, und mit Entzückung kann man derzeit eine erfreuliche Vielfalt in der Berichterstattung über Afrika vermerken. WM, WM machts möglich, alle Augen und Ohren öffnen sich für Land und Leute des Fußballspektakel-Gastgebers. Die reizende Franziska von Almsick streichelt Geparden und schwarze Kinderchen. Béla Rethy versucht sich im Ausbau seines Fremdprachwortschatzes (Wezuwela? Voodoozela? Vuluwela? Halt dich Waka!) und Herr Reinhold Beckmann fachsimpelt mit Kennermiene über die im Abwassergraben des deutschen Mannschaftshotels ansässigen gefährlichen Knochenbrecher-Leguane. So viel Farbe war selten in der deutschen Medienberichterstattung, so viel Aufgeschlossenheit, so viel Vielfalt - Hallo Welt, hier we are.
Dabei erfreut Ohr und Herz vor allem die Qualität der Recherche - schonunglsos werden die Dinge mit deutscher Gründlichkeit beim Namen benannt. Zwar besteht ein Unterschied zwischen karibischem Voodoo Hexenzauber und südafrikanischer Muti Heilkunst. Zwar findet man auf der afrikanischen Landmasse keinen einzigen heimischen Kaktus, sondern Euphorbien, und auch die bereits erwähnten Leguane müssen schon aus der Amerikaabteilung des benachbarten Zoos ausgebrochen sein, es sei denn, es handelt sich bei den Biestern um die orstansässigen afrikanischen Warane. Auch ist ein Braai kein Barbecue, aber da wir schon munter die Kontinente gleich machen, fällt das eigentlich nicht mehr ins Gewicht. Ist hier der ein oder andere Berichterstatter vielleicht schon in der Vorbereitung auf Brasilien 2014? Aber, gemach, das Fernsehen bediente sich ja schon immer des pädagogischen Prinzips der Vereinfachung, und Neues wird erwiesenermaßen besonders gut im Vergeich mit Bekanntem neuronal verdrahtet.
Trotzdem. Ein Wal ist kein Fisch, und eine Vuvuzela kein Alphorn. Fakt ist Fakt. Und das menschliche Gehirn durchaus mit Vielfalt belastbar.
20.6.10
Wine and Dine: Insider Tip im Kapland
Tagessuppe, Brotzeit und ein guter Tropfen.
Doch zwischen den beliebteten tourist traps der Cape Winelands wie Spiers oder leider inzwischen auch Groot Constantia gibt immer noch viele unentdeckte Juwelen. Einer dieser Orte hat es mir besonders angetan: die Muratie Estate. Daran ist einerseits die Qualität des Weines schuld, der hier angebaut und gekeltert wird. Andererseits hat Muratie viel Kapgeschichte zu bieten - und der kann man mit jedem Schluck unte r den schattenspendenden Bäumen des Gutsgartens mit Blick auf den Tafelberg nachfühlen.
Doch auch die anderen Weine der Farm können sich sehen, riechen und schmecken lassen. Genießt man diese noch mit dem unbedingt zu empfehlenden Tagessuppen oder der 'cold platter', auf der sich Käse, Schinken, Pastete und Salat türmen, lauscht dabei dem Plätschern des alten Brunnens und läßt den Blick über die weite Ebene nach Kapstadt hin schweifen, erscheinen volle Touristenbusse, nervige Abfertigung und Kommerz ohne Herz ihrerseits wie Geschichten aus einer anderen Welt.
Blick in den Weinkeller auf der Muratie Estate.
Die Anmeldung zu einer Weinprobe ist hier übrigens unbedingt erforderlich - ein kleiner Preis für hervorragendes Ambiente und exklusive kulinarische Genüsse.
17.6.10
Feel the mix: Musik aus Südafrika
14.6.10
Pro Vuvuzela: Acht Argumente
Dies ist eine emotionale Äußerung eines Individuums ohne argumentativen Wert. Auf dem Niveau und damit der Ernsthaftigkeit von Äußerungen wie: Holländer nerven auf der Autobahn, McDonald's Werbebotschaften im Radio, oder Autokorsos in der Innestadt. Verständlich, ja, aber höchstens als 'Ich-Botschaft' ('Mich nerven...') ernst zu nehmen, und damit in einer Diskussion leicht zu entkräften. Dich nervts? Mir gefällts.
aus dem 18. Stock des Westin Grand Hotels.
2) Die traditionsreichen Sprechgesänge und Chöre sind nicht zu hören!
In der Tat bedauerlich. Im Stadion herrscht nun mal seit eh und je das Recht des Lautstärkeren. Eine Quotenregelung für bedrohtes Liedgut ist leider abwegig. Und der Sound der paar hundert bis tausend ausländischen Fans, die tatsächlich zu den Spielen angereist sind (enttäuschend wenige übrigens - ob sie sich von der anhaltenden Negativpropaganda z. B. des Speigelschreibers Herrn Günsche haben abschrecken lassen?) dürfte auch recht dürr ausfallen. Wie man sich jedoch bei den Fernsehübertragungen überzeugen kann, werden die Vuvuzelas sehr schnell in das Repertoire der Besucher mit eingebaut. Richtiges Konzept: If you can't beat them, join them...
3) Das Gesummse ist immer gleichbleibend fad, man hört keine Ahhhhs und Ohhhs.
Tatsächlich? Bin ich der Einzige dem es so anders geht? Ich höre tatsächlich An- und Abschwellen des Vuvuzela-Schwarms je nach Spielsituation, nicht ganz so unmittelbar wie bei oraler Lautäußerung, aber durchaus vernehmbar, selbst bei der kastrierten Übertragung im Fernsehen. Die Kommentatoren verstehe ich auch gut, beim Deutschland : Australien Spiel hörte man außerdem sehr wohl die Zuschauer raunen. Tatsächlich dürfte die Lärmbelastung nur bei Spielen Bafana Bafanas und anderen afrikanischen Begegnungen so hoch sein wie bei der Eröffnung. Ich denke, dass es zu einem Teil auch einer Gewöhnung des Zuschauerohrs an den neuen Hintergrundsound bei einem Fußballspiel bedarf. Nach zwei , drei Mintuen blende ich den Schwarm zu großen Teilen einfach aus.
4) Die Vuvuzelas sind gar keine südafrikanische Fubalkultur, es gibt sie erst seit den Neunzigern!
Ach, interessant. Wir definieren also Kultur nach der Verweildauer im jeweiligen Kulturkreis? Bin gespannt, wie die Verfechter dieses Arguments sich in der bundesdeutschen Fußballkultur der frühen Neunziger fühlen dürften. Ohne Autokorsos oder Public Viewing, dafür mit Stehtribünen aus Holz, römischen Lichtern auf den Rängen, und Rudi Völlers Frisur. Spaß beiseite, natürlich ist Kultur nichts Statisches sondern findet immer im 'Jetzt' statt. Eine zwanzigjährige Vuvuzela -Tradition ist übrigens älter als die demokratische Kultur des Landes. Und die wollte man ja nun auch nicht unbedingt abschaffen, oder.
Verkleideter Musiker an der Waterfront in Kapstadt.
5) Messi und Ronaldo sind auch angepisst! Die Spieler sind bei dem Lärm orientierungslos!!!
Ja, alle Spieler. Der Gewöhnungsefekt den Bafana Bafana vorweisen kann ,ist ein Heimvorteil, so wie er zu jedem Fußballspiel dazu gehört. So ist nun mal eine WM, so ist nun mal der Fußball. Wer sich als Weltfußballer und Megasuperstar geriert, muss eben zeigen, dass er auch unter extremen Bedingungen seinen Mann stehen kann. Wie gesagt, am ehesten wird bei Südafrikaspielen die Lärmpegelschmerzgrenze ereicht werden. Die Deutschen hat es offenbar nicht gestört. Von denen hört man auch kein Murren. Auch die Granden Kahn, Beckenbauer, Zwanziger: sie alles stören sich offenbar weit weniger an den Vuvzelas als die Reporter, die sie befragen.
6) Aber will sich Südafrika wirklich so präsentieren?
Und ob es das will! Die Vuvuzela vereint alle Ethnien und Hautfarben Südafrikas, egal ob Bure oder Xhosa, Zulu oder Cape Malay - sie alle lieben diese Tröte! Endlich einmal ein kultureller Konsens, endlich einmal etwas, wo die Leute jenseits aller Barrieren zusammen in ein Horn stoßen. Und dann kommt es auch noch von unten, aus den townships - super für die innere Integration im Land. Wer sind wir denn, dass wir dem Gastgeber vorschreiben, wie wir unser Turnier denn gerne in deren Land präsentiert und gefeiert hätten? Hä? Es reicht schon, dass McDonalds alleiniger Caterer ist, und die lokalen Kleingastronomen bei der WM außen vor gelassen werden.
7) Aber diese Plastikkrachmachdinger sind ja wohl kaum Kultur. Warum trommeln die denn nicht statt dessen, schließlich sind wir in Afrika.
Der Siegeszug der Vuvus ist eine Geschichte, die typisch Südafrikanisch ist. Die große Armut bei weiten Teilen der Bevölkerung setzt manchmal unglaubliche Energien frei, aus Müll und billigsten Werksstoffen Spielzeuge, Spielereien und eben Instrumente zu machen. Trommeln, Trompeten, Posaunen kosten ein Vielfaches. Die Vuvuzela ist das ideale Instrument, um auch dem kleinsten Mann für ganz wenig Geld Gehör zu verschaffen. Außerdem sind wir nicht im schwarzafrikanischen Busch, sondern in einer hochkomplexen gemischtrassigen Gesellschaft. Trommeln wäre 'schwarzes' Kulturgut, Engländer und Buren, Cape Malay und Inder haben damit nichts am Hut.
8) Ich habe Angst, dass die Vuvuzelas zu uns kommen, deshalb muss man sie schon in Südafrika verbieten.
Kein Scherz, diese Position vertreten offenbar nicht wenige. Doch die Vuvus werden kaum in die Bundesliga Einzug halten - dafür sind eben europäische Fußballkulturen wie Gesänge und Trommlen (sic!) zu weit verbreitet.
Interressant der xenophobe Unterton dieser Äußerung - uiuiui, unsere Kultur ist unter Beschuss, wir werden afrikanisiert! Da muss man doch was machen! Am besten den Afrikanern gleich mal ihre Kultur verbieten. Diese Angst und den dieser Geisteshaltung immanenten kulturellen Führungsanspruch finde ich ehrlich gesagt einfach nur widerlich.
13.6.10
Vuvuzela: Horror hat einen neuen Namen
Mit deutlicher Verunsicherung im Blick fragte eine ARD Journalistin nach dem Eröffnungsspiel drei schwarze Zuschauerinnen, ob das hier nicht doch 'ziemlich laut sei?'
"YES, ITS SO MUCH FUN!!!" lachten diese zurück, warfen ihre Köpfe in den Nacken und zeigten angespitzte Eckzähne. Africa is loud, das hat wohl inzwischen jeder begriffen. Und diese WM ziemlich anders als die deutsche Version des Spektakels vor vier Jahren. Wer aber durch die europäische Erwartungsbrille auf diesen Event schaut, und die Geräuschkulisse moniert, demonstriert kulturelle Kurzsicht.
Die deutsche Mannschaft stand noch nicht einmal auf dem Platz, da hatte die Nation also bereits das Feindbild dieser Weltmeisterschaft gekürt: Es ist etwa 70 cm lang, aus buntem Plastik, macht einen ohrenbetäubenden Krach und hat diesen lustigen Namen, der an einen seinerseits etwas nervigen deutschen Fußballgewesenen erinnert.
Die Vuvuzela wird derzeit zum Kristallisationspunkt eines Kulturkampfes - man muss sich nur mal die Internetforen zu diesem Thema durchklicken. Und, zugegeben, Ohrstöpsel machen durchaus Sinn, wenn mehrere Tröten zusammenkommen, genau wie beim örtlichen Disko- oder Festivalbesuch. Und ja, die traditionsreichen Fußballchöre der Europäer werden in Südafrika auf weiten Strecken überstimmt. Das Recht des Lauteren ist diesmal nicht auf unserer Seite. Schade, ne. Und daß das Gesumme in der Fernsehübertragung dank gekappter Frequenzen wie ein gereizter Wespenschwarm auf Zwetschenkuchenjagd klingt, ist irgendwie tatsächlich doof.
Doch so manche Empörung ist ihrerseits lachhaft. Angeblich trainieren die Deutschen jetzt mit Zeichensprache. Man stelle sich vor, Jogi könnte auf sein Geschreie mit astdicker Halsschlagader verzichten, und dirigierte statt desse lässig mit subtilen Handzeichen vom Spielfeldrand. Zu postmodern für den deutschen Fan?
Diese erste WM auf afrikanischem Boden ist nicht nur Profilierungsschauplatz europäischer Kultur, sondern öffnet ja hoffentlich auch unseren eurozentristischen Blick - sowie unser klassisch geprägtes Ohr - für die Welt. Andere Länder, andere Sitten, andere Fußballgepflogenheiten. Wer die Vuvuzelas verbieten will, hat das nicht verstanden, und verhält sich in seiner Ereiferung verärgert, verängstigt, (post-) kolonial. Ein bisschen wie der Tourist, der in Bangkok oder Kapstadt nicht auf sein Schnitzel mit Pommes verzichten will. Zu Welmeisterschaften gehörten aber schon immer die Bedingungen vor Ort: der Zustand des Rasens, die Zeitumstellung, das Wetter. Und der Heimvorteil. Für manche Kleingeister, die immer alles so haben wollen, wie es 'schließlich nur normal' sei, eine unerträgiche Vorstellung.
Dabei ist es so leicht, mit der Vuvu Spaß zu haben - es ist ja auch nur für diese vier Wochen! Danach wird die Tröte als Fußnote der WM wieder verschwinden, zumindest aus Europa. In Afrika ist sie schon lange nicht mehr wegzudenken, nicht nur aus den Stadien, auch aus Kirchen und bei jeder öffentlichen Kundgebung. Deshalb: Wer von den Horrotrompeten nicht weggeblasen werden will, wie anno dazumals die Mauern von Jericho, tut gut daran, für die Dauer dieser WM mit den Afrikanern zu feiern.
Ansetzen, tief Luft holen, und pusten, was die Lunge hergibt!
Aweeeeeethu iAfrika!