Home: Die Werkstatt Südafrikablog: Kom die Kaap na!

3.6.10

Tips für WM Reisende: The real taste of Mzansi

Während die deutschen Kicker bei der WM vom Münchner Gastronom Holger Stromberg bekocht werden, mutet die Fifa dem Fan im Stadion ausschließlich die kulinarischen Höhenflüge des McDonald's Konzern zu. Was bei den Kickern im Sinne der Löwschen Stratgie wenigstens etwas Sinn zu machen scheint, ist für die Besucher ein essenstechnischer Supergau. Ausgerechnet in einem Land mit langer und geschmackvoller Tradition an Haupt-, Neben-, und Nachspeisen, Snacks und Imbissstuben spuckt die Profitgier der Fifa den am Rande des Existenzminimums operierenden Kleinstgastronomen in die Butternut-Suppe.


Ähnlich wie 2006, als die Fifa beim Fußballfest in Deutschland ausgerechnet amerikanisches Bier ausschenken lassen wollte, ist die Empörung groß. Anders als damals aber lässt sich der Gigant diesmal wohl nicht im Sinne lokaler Vielfalt erweichen. Traditionelle Kleinverkäufer und Imbissbuden bleiben aus ihrem angestammten Plätzen in und um die Stadien verbannt. Damit WM Besuchern die Geschmacksknospen nicht gänzlich von Weizenpappbrötchen und Ketchup verkleistert werden, beleuchtet News from Nowhere exemplarisch einige kulinarische Highlights, die man sich nicht entgehen lassen sollte.


Hier trifft man sich: Fish 'n Chips in Paternoster, West Coast.


Boerewors und Chakalaka, Fish and Chips: Südafrika bietet eine unglaubliche Vielfalt an schmackhaftem Fast Food – wobei man berücksichtigen muss, dass 'Fast' nicht immer wörtlich zu nehmen ist. Auf eine gut gegrillte Wurst muss man schon mal zehn Minuten warten, das lohnt sich dann aber: Boerewors ist eine oft zur Schnecke aufgerollte Grillwurst, die dem europäischen Gaumen zunächst etwas derb erscheinen mag. Wer sich aber einmal dran gewöhnt hat, wird für Thüringer, Nürnberger oder Frankfurter nur noch ein mildes Lächeln übrig haben. Tip: der Würstchenmann am Long Beach in Kommetijie. Der britische Klassiker Fish 'n Chips erfährt in der südafrikanischen Variante durch erstklassige Frischfischqualität eine Veredelung. Standardfisch ist Hake (Seehecht), Snoek (Hechtmakrele aus der Barrakuda Familie)hist auch lecker, hat aber viele Gräten. Zu empfehlen sind auch Calamari. Die Fritten der fettig-essigen Variante aber sind nicht Jedermanns Sache, auch wenn hier ähnliches gilt wie bei der boerewors.- wenn man sich mal dran gewöhnt hat... Mein Tip: Fish Hoek Fisheries in (erraten!) Fish Hoek.
Fastfoodketten bieten reichlich unterschiedliche Qualität, während ich OceanBasket und Steers für einen Snack unterwegs wirklich empfehlen kann, kommt mir bei Wimpy trotz witziger Werbung öfter mal das Würgen.


Ein Südafrikanischer Frühstücksklassiker: Eggs Benedict.


Die Mittelklasse: Südafrika ist reich an günstigen Restaurants, die der Vielfalt des Landes gerecht werden: Cape Malay, Afrikaans, Portugiesisch, Spanisch, Britisch, Indisch, Deutsch... der Mix ist großartig, und egal, ob die Küche eklektisch oder traditionell mit den Einflüssen umgeht, das Ergebnis ist meist umwerfend. Die Geschmacksrichtungen scharf und süß dominieren, und grundsätzlich gilt: eher Schwarte als Nouvelle Cuisine, eher Sahne statt Joghurt. Heiße Tips für Kapstadt: Don Pedros in Woodstock (ein legendärer Hang Out und tolle Pizza), A Touch of Madness in Observatory (für Kudu Steak und einmalig skurrile Atmosphäre) und das Polanas in Kalk Bay (für Calamari Steaks, Fisch und die Spareribs....und einen Sitzplatz in den Wellen).


Vorspeise im Food Barn: Scampitriade auf Auberginensouflée.


Herausragende Restaurants: Diese finden sich in großer Anzahl im ganzen Land. Mein Favorit für Sushi in Kapstadt ist das Kitima, das einen Mix asiatischer und europäischer Küche serviert. Empfehlungen kann ich auch für das Beluga, Marco's Place für afrikanischen Flavour und ganz besonders für den Food Barn aussprechen. Das Emily's, einst als eines der zehn besten Restaurants Afrikas gehandelt, hat seit seinem Umzug von Woodstock an die Waterfront, wenn nicht an gastronomische Qualität, dann doch auf jeden Fall an Atmosphäre verloren.
Wer sich in den Karroo verirren sollte, dem sei ganz besonders ein Besuch in der Transkarroo Country Lodge in Britstown empfohlen: Dort gibt es eine Lammhaxe, die butterweisch vom Knochen fällt, und das zarteste Springbokfilet, das man sich vorstellen kann.


Da geht einem doch das Herz auf:
Samstägliches Einkaufen in der Old Biscuit Mill in Woodstock.


Selbstversorgung:
Im Gastland der WM genießt das Grillen (man spricht vom Braai) fast religiöse Bedeutung – kein Campingplatz, keine Lodge, kein B+B, das nicht mit einer gut ausgebauten Grillstelle aufwartete. Wer den Umgang mit frischen Fisch und Grillfleisch liebt, findet in Südafrika ein wahres El Dorado. Selbst im Supermarkt sind die Preise für qualtitativ hochwertiges Grillgut äußerst moderat. Frisches Gemüse in herausragender Geschmacksintensität kann man für Bruchteile der europäischen Preise erstehen. Tipps für Kapstadt: Fish for Africa landet in Hout Bay den eigenen Fang an, hat außerdem ein Outlet in Woodstock. Rogers Fruiterers ist nur einer von vielen Obst- und Gemüsespezialisten mit guter Qualität bei kleinen Preisen. Für das authentische Braai braucht man große Mengen boerewors, Lammkoteletts, Steak und Fisch (am günstigsten und trotzdem lecker ist wiederum Hake). Peri Peri und Monkey-Gland Sauce statt Ketchup sind Pflicht. Eingefleischte grillen übrigens auch nicht mit Kohle, sondern mit Kameldooring (Kameldornbusch), welches ausgesprochen schnell eine gute Glut produziert (andere Braaimaster schwören auf Rooikrans Holz). Unter Spezialisten gilt ein Ehrenkodex, nachdem man zum Anzünden nur ein Streichholz braucht, und das Holz so schichtet, dass man niemals nachlegen oder schüren muss.


Bleibt zu hoffen, dass die Strombergsche Versorgung den Deutschen wirklich zum Titel verhilft. Wie man hört, soll es ja auch einmal einen 'Barbecue' Abend geben (welch Sakrileg!). Für den Fall eines frühzeitigen Ausscheidens sei den Kickern jedenfalls ein kurzer Ausflug in die lokale Gastronomie sehr ans Herz gelegt... für alle anderen Besucher sind mindestens drei Kilo Gewichtszunahme Pflicht.

No comments: