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29.11.09

18 Stunden in Doha

Schön, wenn man als Ex-LGH-Lehrer seine ehemaligen Pennäler in ihrer Post-LGH Existenz besuchen kann - und sich auf Augenhöhe trifft. Auf dem Weg zu und von den Malediven stattete ich einem Abiturienten des 09 er Jahrgangs zwei Stippvisiten ab – in Doha.

War schon immer ein Styler. P vor der Skyline Dohas.

Zwischen Stadtrundfahrt, Shisharauchen und nicht ganz legal vermittelter Übernachtung zeigte und erzählte mir P. Aussschnitte seines Studiums und Lebens am Persischen Golf. Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus - einerseits verblüffte der ultra-moderne, luxuriöse Campus mit den schieren Möglichkeiten, andererseits ist die seltsam aus Staub und Memen zusammengewürfelte, boomende Hauptstadt Qatars eine Herausforderung für den gesunden Menschenverstand und Orientierungssinn. Doch am meisten war ich von P. selber fasziniert, der sich offenbar in kürzester Zeit in diesem seltsamen Setting zurecht gefunden hat, und sich sichtlich freute, jemandem von 'früher' mal diese seine neue Welt zeigen zu dürfen. Nicht einmal das Essen durfte ich bezahlen.

Wer vergessen sollte, warum er hier ist, wird in diskretem Gelb darauf hingewiesen.

Trotz stärkster Motorisierung schaffte es P. jedoch mich weder beim Hin- noch beim Rückflugstopover pünktlich am Ankunftsgate abzuholen. Ich habe also Zeit in aller Muße die Sitten der umherlaufenden Sittenpolizisten zu studieren. Wie es sich wohl in diesem Land, das von einem modernen, weltmarktorientiertem Islam geprägt ist, als junger Mensch lebt und studiert? In einem Land, in dem man Alkohol an der Grenze abgeben muss, und Ehebruch bestenfalls im Gefängnis bestraft wird? In einer Stadt, die sich in den letzten zwanzig Jahren von einer Ansammlung staubiger Fischerzelten zu einem Wirtschafts- und Finanzzentrum von globaler Bedeutung empor geschwungen hat? Auf den ersten Blick wohl doch ganz gut, jedenfalls macht der schwarze Mustang ordentlich was her, wenn man mit offenem Verdeck durch das nächtliche Doha braust – Benzin kostet ja auch fast nichts, was soll man da Lupo fahren.

Genug Platz für ein gemütliches Schläfchen: Foyer des Wirtschaftscampus.

Den Campus zeigt P. mit merklichem Stolz her. Und zurecht: Was hier an Geld in die Bildung einer Eliteauswahl an Studenten investiert wird, sprengt die Vorstellungskraft. Schön, daß bei soviel Glitzer, Pomp und Kohle die Wohnungen der Studenten vergleichsweise simpel gehalten sind – in einer Wohnheim-WG teilt P. sich ein Zimmer mit einem Kollegen, fast so wie am guten alten LGH. Auch die Sauberkeit in dieser Unterkunft erinnert stark an damals, manches ändert sich eben nie.

Fast wie an deutschen Unis: ein Seminarraum in Doha.

Abends besuchen wir die 'Medina' Dohas – eine vor wenigen Jahren errichtete Altstadt, die jedem Disneyland gerecht würde. In einem belgischen Café mit taiwanesichen Bedienungen sitzen wir mit P.s indischen und pakistanischen Freunden und schauen Qataris zu, wie sie sich am Fußballspiel Ägypten – Algerien begeistern. Acculturation in Reinstform, surreal war gestern.

Elite schützt vor Blödheit nicht: Wer lesen kann, ist im Vorteil.

Leider geht P.s Plan, dass ich mich später am Abend durch die Hintertür am Security-Mann vorbei in sein Wohnheim zu schleusen, durch meine eigene Blödheit schief (wer konnte auch ahnen, dass der Security-Typ im Aufzug bei P. mitfahren, und mir auf einmal im dritten Stock gegenüber stehen würde?), so dass mein Schönheitsschlaf kurzfristig in Gefahr scheint. Doch P., schon immer ein Schlitzohr, hat einen Alternativplan parat und schleicht sich mit mir ins Unigebäude. So komme ich im Studentenaufenthaltsraum auf einer weichen Couch gebettet doch noch durchaus komfortabel durch die Nacht.


Wenige Stunden später brausen wir wieder mit dem Mustang durch den arabischen Morgen. Einen kurzen Tee lang pausieren wir an der Corniche, und schauen über das Wasser zu der Skyline Dohas, die stündlich zu wachsen scheint. P starrt in den Dunst, und weiß, dass ihn diese Stadt zwar prägen, aber auch nicht auf ewig halten wird. Und ich weiß, daß ich mich schon auf das nächste Mal freue, einem LGH-Alumni auf seinem Lebensweg über die Schulter zu schauen.

2 comments:

Anonymous said...

Ulf, du hast beim Dateinamen vom ersten Bild nen kleinen Discretion Fail ;)

Ulf Iskender Kaschl said...

Eish, anonymous, stimmt. naja, wird schon nicht so schlimm sein, oder? ,-)