Home: Die Werkstatt Südafrikablog: Kom die Kaap na!

9.2.10

Frueher war manches besser... oder: Mit dem VW Kaefer durch Suedafrika

In Südafrika gibt es keinen TÜV. Dementsprechend häufig sieht man in und um Kapstadt Fahrzeuge, die eher von der guten Hoffnung der Benutzter zusammen gehalten werden, als von den Gesetzen der Mechanik. Für den preisbewussten Reisenden bieten einige Autovermietungen uralte Autos an, deren Sicherheitsstandards sicher nicht mit den Vorstellungen der meisten westlichen Touristen übereinstimmen. Aber mit ein bisschen Risikobereitschaft, einem Leatherman und etwas Draht im Gepäck bekommt man selbst einen alten VW Käfer über die anspruchsvollsten 4 x 4 Pisten.

Hier fliegen keien Loecher aus dem Kaese, aber dafuer sitzt so manche Schraube locker:

Wer nach Wupperthal, Suedafrika, will, braucht ein gelaendegaengiges Fahrzeug.


Wer in Südafrika unterwegs sein will, braucht in der Regel seine eigenen vier Räder. Zwar existieren inzwischen ordentliche Bus- und Zugverbindungen, die dem Individualreisenden genehm sind. Doch erreicht man die schönsten Stellen des Landes meist nur, wenn man vielbefahrene Strecken hinter sich lässt, und auf eigene Faust auf Entdeckungsreise geht. Das fantastische Freiheitsgefühl des klassischen roadtrips allerdings gehört zu der echten Südafrikaerfahrung wie braai und biltong. Eine preisgünstige Alternative zu den teuren und etablierten Autovermietern bieten kleine lokale Vermieter, die sich die Heerscharen alter Mercedes und Käfer nutzbar machen, welche in Südafrika immer noch zum Straßenbild gehören. Laxe Richtlinien zur Verkehrstüchtigkeit und mildes Klima haben so manches Schätzchen aus den 60er und 70er Jahren gut bis in die heutige Zeit bewahrt.

Eine Lieblingsadresse von mir ist dabei Rent-a-merc; die alten Benz der 123er Serie fahren sich wie große Badewannen und sind stylish ohne Ende. Das Angebot von Best Beetle in Bellville-Brackenfell allerdings ist konkurrenzlos günstig: Wer in Kauf nimmt, mit einem knatternden, langsamen, und Umweltrichtlinien verspottenden Vehikel unterm Hintern durch Afrika zu reisen, zahlt für einen Monat des Vergnügens gerade mal rund 200 Euro, bei längerer Mietdauer sogar weniger. Unbezahlbar allerdings ist dann das Gefühl, mit so einem alten Käfer über Chapman's Peak, durch den Karoo oder die Kalahari zu brausen: Ein Touch Retro, ein bisschen Bohème, und eine ganze Menge Fahrspaß machen das heckgetriebene Kultmobil zwischen den vielen glänzenden Sportwagen, Pickups und SUVs zum Porsche des kleinen Mannes, und lassen dabei so manch modernes Auto alt aussehen. Wer die Möglichkeiten des Käfers bis ans Limit ausreizt, kann gar die Vordersitze ausbauen, und im Handumdrehen eine durchgehende Liegefläche zaubern, womit das Autolein sogar als kleiner Camper durchgeht. Und als besonderen Bonus darf man bei Best Beetle seinen Wagen gar künstlerisch umgestalten – wobei nicht alle Designs der Flotte den Nachmieter begeistern dürften. So mancher Wagen sieht dann doch etwas nach Grunge aus.


Wer wagt, wird belohnt: Aussicht auf die Cedarberge nach ein paar Kilometern Staubstrasse.


Wie bei Vielem in Südafrika gilt auch beim Käferfahren: It's fun, but your own risk. Die Reifen sind alt und abgefahren, die Bremsen mit viel Gefühl einzusetzen, und was die Sicherheitsgurte angeht, hege ich die dunkle Vermutung, im Ernstfall mehr Verletzungen durch die Zweipunktvorrichtung zu erfahren als ohne. Lustigerweise wurden bei den drei Verkehrskontrollen, in die wir in den letzten vier Wochen gerieten, weder eines der oben genannten Sicherheitsrisiken, noch die Tatsache, dass unser Käfer gnadenlos überladen, und ich noch dazu einmal ohne Führerschein oder andere Dokumente unterwegs war, beantstandet. Die vierte Polizeikontrolle verpasste uns allerdings einen Strafzettel, weil wir nicht angeschnallt waren (sic!). Auf den Hinweis, dass gerade ein SUV mit einem Motorboot auf dem Hänger vorbei fuhr, auf welchem etwa sieben Kinder völlig ungesichert herum turnten, ernteten wir nur ein Achselzucken. This is Africa, after all.

Auch die Beschilderung weicht in Suedafrika manchmal von dem ab, was man von Zuhause kennt...


Best Beetle erlaubt den Mietern sogar, ihren Käfer auf große Tour zu nehmen, und alle Grenzstaaten der Kaprepublik zu bereisen. Da wir genau dies noch vorhaben, testeten wir die Tauglichkeit unseres Gefährtes für ein derartiges Unterfangen: auf einem Trip durch die malerischen, zerklüfteten Cedarberge. Und – wir haben an Zuversicht und Vertrauen nur gewonnen. Auf dirt roads durch seinen hohe Straßenlage und Heckmotor wenig anfällig für das gefürchtete Aufschlitzen der Ölwanne, tuckerten wir mehrere hundert Kilometer über verlassene Sand- und Steinpisten. Auch von 36 km über einen ausgewiesenen 4 x 4 Pass liessen wir uns nicht schrecken, der Käfer noch viel weniger. Und die kleinen Blessuren, die er unterwegs erlitt – ein geplatzter Reifen, eine abgefallene Zündspule, ein sich lockernder Rückspiegel, sowie ein abgefallenes Nummernschild ließen sich auch ohne große VW-Motorenkunde und mit den einfachsten Werkzeugen schnell beheben

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Der Preis der Staubstrasse: Gut, wenn man noch weiss, wie man selber die Reifen wechselt.


Sicherlich nicht für den Pauschaltouristen geeignet, bieten die Angebote wie jene von Rent-a-merc und Best Beetle dem abenteuerlustigen Reisenden in Südafrika eine günstige, unterhaltsame Alternative zu Hertz, Avis, und Co. - und dazu noch diesen gewissen zeitlosen Stil. Er läuft, und läuft, und läuft... manches war früher eben einfach besser. Der Käfer allemal.

Am Ende war dann doch ein groesserer Service faellig. Die Mechaniker von Best Beetle
widmen ihre gesammelte Aufmerksamkeit der Schweissflamme.


5 comments:

Die Humrichs said...

Moin Ulf,
vielen Dank für deine ersten Einlassungen auf unserem Blog! Ich denke, das macht die ganze Geschichte für die Schüler noch lebendiger. Ich habe sie außerdem mal auf deinen Blog verwiesen, damit sie in ein paar first-hand-experiences reinschnuppern können.
Enjoy!
LARS

Caro said...

yeah yeah yeah in 7 Wochen hab ich das aaaaaauch, hurra! :)

lghler said...

huhu ulf, cooler eintrag, toller erlebnisbericht, ein tipp noch, da du dich vermutlich derzeit nur auf englisch unterhältst: "benutzTer", aber ansonsten tipptopp =)

Sebastian said...

Top;
da muss ich mir ja mit meinem Interrailtrip im Sommer richtig Mühe geben um mit deinem Post wenigsten ansatzweise mithalten zu können;

gruß aus einem weißen Leipzig

Sebbo

Anonymous said...

Erstmal wünsche ich dir noch viel Spaß in Südafrika
du hast uns einen schönen einblick
in das leben der südafrikaner verschaffen
vielen dank
selma&sophie 10.3 aus göttingen