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16.4.10

Beetle Drive Thru (I): Von Kapstadt nach Nieuwoudtville

So seltsam es klingt: Wer Kapstadt verstehen will, muss die Mother City verlassen. Muss den Speckgürtel der Vororte durchqueren, die Kornfelder und Weinfarmen der Agglomeration hinter sich lassen, und an irgend einer Stelle über einen Pass ins Landesinnere vorstoßen. Wer dort die Weite erfahren hat, welche die Perle am Meer von anderen spärlichen Zivilisationskristallen des Landes trennt, sieht die Metropole am Kap mit anderen Augen.


Und ueber allem ein blauer Himmel:
Die R 27 fuehrt den Reisenden von der West Coast bis ins Herz des Karroo.


Wir sind wieder unterwegs in Südafrika. Der offroad getestete Käfer ist bis unter das Dach voll gepackt: die Rückbank bleibt zu Hause, statt dessen finden zwei Reserverreifen und ein 20 Liter Reservekanister Benzin irgendwie zwischen Zelt, Kleidung, Schlafsäcken und Isomatten Platz. Auf der N 7 geht es Richtung Norden, vorbei an Kornfeldern und durch das fruchtbare Citrusdal, wo ein kleiner Farmstall nach dem anderen mit hausgemachter Marmelade und frischen Früchten zum Anhalten einlaedt. Grün ist es hier im Gewächshaus des Western Cape, die rauen Felsen, die das Tal umsäumen, spenden kühlen Schatten. Die Menschen, die hier noch zahlreich am Strassenrand zu sehen sind, winken uns freundlich zu, wenn wir mit unserem bunten Vehikel vorbeituckern.

Unser Ziel für die erste Etappe ist Nieuwoodtville. Gerade nicht mehr im Western Cape gelegen, ist diese Stadt berühmt für den Reichtum an Pflanzen: an keinem Ort der Welt finden sich mehr Blumenzwiebeln pro Quadratmeter als im Bulb Capital – und zwar nicht etwa in Plantagen angepflanzt sondern ganz natürlich. Doch bis wir dort sind, heißt es Kilometer fressen – und die erste Bergwertung bestehen.


Die letzte Rast vor dem Pass: der Beetle braucht 'ne Pause.

Nachdem wir endlich unseren Strafzettel fuer unangeschnalltes Fahren in Clanwilliam bezahlen können (auch die ist eine Story für sich) und die Cedarbergs hinter uns lassen, weitet sich das Land. Die Felder erstrecken sich hier braun und trocken bis zum Horizont, kleine Büsche nur wachsen auf dem Weideland für Schafe und Ziege. Die Straße liegt schnurgerade vor uns, der Verkehr beschränkt sich auf wenige Autos und LKWs. Keine Berge spenden mehr Schatten, der Käfer kämpft sich durch die ständig wachsende Hitze des Sommertages. Alle Stunden sollen wir anhalten, war der gute Rat der Autovermietung, und den Motor abkühlen lassen – an Afrika hatte Ferdinand Porsche wohl nicht gedacht, als er das Auto mit einem rein luftgekühlten Boxermotor versah.

Am östlichen Horizont ist ein dunkler Strich aufgetaucht, der sich schnell zu einem atemberaubenden Felspanorama entwickelt. Lange werden wir uns dem Erklimmen eines Passes nicht mehr entziehen können – irgendwann muss man auf das Hochplateau des Inlandes, will man nicht im Western Cape gefangen zu bleiben. Wir haben uns den spektakulären Vanryhnspass ausgesucht, den es am Anfang einer der schönsten Inlandstrassen Südafrikas zu bezwingen gilt: der R 27.


Waere auch eine schoene Longboardstrecke:
Der Vanrhynspass fuehrt auf das Hochplateau des Great Karoo.

Eine Pause gönnen wir dem Beetle vorher noch. Im Schatten zweier Eukalyptusbäume tickt der heißgelaufene Motor die Hitze weg, wir spielen derweil ein Kniffel und suchen am Wegesrand nach Stachelschweinstacheln. Ein letztes Mal den Ölstand messen. Dann heißt es: Heckklappe auf, und rauf auf die Straße. Die letzten Kilometer bis zum Fuße des Passes fällt die Straße noch leicht ab, es geht also mit Anlauf an diese erste Herausforderung des Trips. Der Käfer spuckt und knallt als die Straße sich hebt und es in den Berg geht, die Tachonadel fällt und fällt. Bei 45 km/h endlich bleibt die Leistung konstant, wir kriechen an mit Steinen beladenen Schwertransportern vorbei, Kurve um Kurve geht es in die Höhe. Mein rechter Fuß horcht ängstlich in den Motor hinein, jedes Stocken des Gaspedals kann den finalen Kolbenfresser ankündigen. Wir schweigen und schwitzen. Dann, endlich, haben wir das Hochplateau erreicht, eine grandiose Fernsicht belohnt uns. Links von uns fällt das Land weg, fast meint man, bis zum Atlantik blicken zu können rechts erstreckt sich die mehr oder minder flache Landschaft des Great Karroo.



Campen mit Stil: Der Beetle taugt selbst zum Sonnenschirmhalter.

Wenige Kilometer hinter dem Pass wartet die Polizeisperre. Schon beim Herauswinken kann sich der Beamte das Grinsen nicht verkneifen. Wo wir denn mit dem Auto herkämen, und wo um Himmels willen wir noch hinwollten? Nachdem alle Vitlafunktionen des Autos getestet und für gut befunden, lehnt sich der Polizist noch ins Fahrerfenster und fachsimpelt mit uns über Herbie. Dann wünscht er uns noch eine gute Reise in diesem 'kwaai beetle', dem 'coolen Käfer'. Nur die Heckklappe müssen wir wieder schließen – man sieht ja sonst das Nummernschild nicht.

Nach Nieuwoodtville ist es jetzt nicht mehr weit. Doch Blumen werden wir im Spätsommer hier nicht sehen – staubig liegt das Land neben der Straße. Mehr als auf Floristik freuen wir uns nach dieser Etappe aber eh auf eine heiße Dusche.


2 comments:

Anonymous said...

Hach, ich will dahin und weg von diesem Wahnsinn hier.

Sammy

Anonymous said...

Hola dein bericht geradezu wieder Heimweh aufkommen lassend wo doch gerade erst vor einer Woche gewesen!Stupendo-disfrutalo!